Konl bis Konz

Konservierung (Fixation eines [Papst]-Leichnams)

https://de.wikipedia.org/wiki/Leichenkonservierung
https://hahn-bestattungen.de/ratgeber/einbalsamierung/

Nach Dr. Hugo Kurz, Konservator, Anatomisches Institut der Universität Basel, 2002

Was ist eine Konservierung (Fixation)?

– Umwandlung organischer Stoffe
– statt Blut eine Antifäulnis-Flüssigkeit
– Organe nicht entfernen
– Metallsarg mit Dampfdruck, Giftstoffen/Gas, die dem Körper
   nicht schaden
– Sarg ohne Luft

Zur Erhaltung eines Körpers (Mumifikation, Konservierung) muss man gegen die Grundfäulnis vorgehen. Jegliche Mikroorganismen müssen abgewehrt bzw. vermieden werden. Mikroorganismen (Luft: Bakterien, Pilzbefall, Insektenfrass) dürfen organisches Gewebe (der ganze Körper ist auf Eiweiss aufgebaut) nicht zerstören. Anorganisches Gewebe sind Knochen, Zähne. Der Körper hat 60 % Wasser. Die Totenmaske muss so schnell wie möglich erstellt werden.

Formaldehyd ist eigentlich Gas. Formalin allein ergäbe nur einen Graustich des Körpers. Um das zu verhindern, braucht es noch Substanzen, die das Durchdringungsvermögen verbessern bzw. verstärken. Magen und Darmtrakt verfaulen blitzschnell. Damit die rosarote Haut erhalten bleibt, wird Arsen injiziert.

Fixation auf lange Zeit (Vorgang)

  1. Sofortiges Reinigen des Körpers mit Warmwasser (Desinfektionsmittel)

  2. Mit Spritze durch Mund und Rachen warmes Wasser einspritzen. Materien aus Magen und den Gedärmen durch After ausspülen

  3. Grosse Menge Spiritus vini durch Magen und Gedärme fliessen lassen, damit die Wässrigkeit entnommen wird

  4. Arterien und die grossen Venen öffnen. Blut sofort ausfliessen lassen, solange es noch flüssig ist. Dann warmes Wasser einfliessen lassen, bis es klar und rein ausfliesst. Blut muss sofort entfernt werden, sonst verfärbt sich der Leichnam grau

  5. Spiritus vini nachfliessen lassen.

Formalin-Fixation

Kopf:
40prozentige Formalinlösung durch die Karotiden (Schlagadern) injizieren

Körper:
10prozentige Formalinlösung injizieren. Rund 8 Liter in Schenkelarterie, Punktionen in die Leibeshöhlen, den Magen-Darmtrakts, die Harnblase und die Brusthöhlen

Geschlossener Metallsarg
(siehe  oben: Metallsarg von Papst Johannes XXIII., +1963, im Petersdom beim Hieronymus-Altar, vorne rechts vor dem Querschiff)

Er soll die Verdunstung des Formalindehyds und die Eintrocknung der Leiche verhindern. Zusatz von Sublimat, Zinkchloryd oder Karbol. Diese Zusätze verhindern Insektenfrass, Wachstum von Fäulniskeimen und Schimmelpilz nach vollständigem Verdunsten des Formaldehyds.

Dr. Hugo Kurz:
Mumifikation (seltener für Mumifizierung): Der Leichnam wird mit Natrium-Chlorit (Salz) bedeckt. Die Körperflüssigkeit wird aus dem Körper gezogen. Der Körper wird so getrocknet. Die Fixation (Konservierung) ist eine Umwandlung organischer Stoffe. Eine Fixationsflüssigkeit ersetzt das Blut. Die Organe werden nicht entfernt.

John Cornwell, Wie ein Dieb in der Nacht, 1988, Zsolny
Nach dem Tod von Johannes Paul I. Luciani, September 1978, Zusammenfassung

In Italien darf der Leichnam erst 24 Stunden nach dem Tode einbalsamiert werden. – Am 29.09.1978 war Papst Johannes Paul I. von 12..00 bis 19.00 Uhr im Sala Clementina (Papstpalast) aufgebahrt (gestorben am 28.09.1978, ungefähr um 23.00 Uhr). Staatspräsident Pertini erwies als Erster dem verstorbenen Papst die Ehre. – Von 19.00 bis 03.00 Uhr (8,5 Stunden) hierauf erfolgte die Einbalsamierung. Dabei waren vier Professoren und die Brüder Ernesto und Arnaldo Signoracci (Präparatoren), die schon bei Johannes XXIII. und Paul VI. mitgeholfen hatten. Nachher kam der Leichnam in die Sala dei Forconi (Predigersaal).  Der Leichnam blieb 3 bis 4 Tage dort. Nach Cornwell erfolgte die hygienische Präservierung ohne Entnahme der Organe, der Eingeweide und des Blutes:

Ein Bildhauer fertigte die Totenmaske an. Die Zersetzung muss an den Weichteilen des Gesichtes kontrolliert werden (nach Dr. Kurz eher im Bauchbereich). Dem Leichnam können Gase entweichen („Explosionen“). Nach Dr. Kurz ist das ein normaler Vorgang; man isst. Die Gallenblase ist aggressiv.

Der Franziskanerorden, der Wächter des päpstlichen Leichnams.

Schad Martha, Gottes mächtige Dienerin, 2007, S. 236, Punkt 148
Galeazzi-Lisi, Dans l’ombre et das la lumière de Pie XII, S. 245

Galeazzi-Lisi (WA: eigentlich Augenarzt) selbst sah sich als den Arzt des Papstes schlechthin, den er bis zu seinem Tode ärztlich betreute. Er verschweigt in seiner Biografie über Papst Pius XII. Pacelli völlig, dass er bereits 1956 als Archiatra (Hofarzt. Das lat. Wort Archiater ist der Ursprung des deutschen Wortes Arzt.) entlassen wurde, wie das immer wieder zu lesen ist. „In Wirklichkeit wurde er nicht entlassen, sondern nie mehr zum Papst vorgelassen, da dieser ihn nicht mehr sehen wollte.“ So P. Peter Gumpel SJ, Rom (ab 1954 Repetitor am Germanicum in Rom. Seit 1983 Relator im Seligsprechungsprozess von Pius XII.). Der Grund dafür war eine  „Persönlichkeitsveränderung“ und Gerüchte über immense Spielschulden. Doch Galeazzi-Lisi brachte es fertig, am Sterbebett des Papstes zu erscheinen. Dies führte zu einem Skandal. Der völlig verschuldete Galeazzi-Lisi machte Fotos vom sterbenden Papst und verkaufte diese für viel Geld an Fotoagenturen. Beim toten Papst wollte der Arzt eine neue Methode der Einbalsamierung anwenden. Dabei werden die inneren Organe im Körper belassen (WA: wie heute). Doch bei der damals herrschenden Hitze (Todestag Pius‘ XII.: 9. Oktober 1958, Castel Gandolfo) verweste der Körper so rasch, dass die Organe beim Zersetzungsprozess mit einem lauten Geräusch zerplatzten. Während der Aufbahrung im Petersdom verfärbte sich das Gesicht grau, dann grün und purpurrot. Die Nase des Toten wurde schwarz und fiel vor der Beisetzung ab.

JohannesTrauerfeier
Trauerfeier für Papst Johannes XXIII. im Juni 1963 im Petersdom. Der Sarg wird flankiert von Nobelgardisten, d. h. der Heilige Stuhl ist immer noch mit dem Hofstaat umgeben. Nach "Welt". 

Benedikt XVI. und seine drei Särge:
→Bap-Be, Benedikt XVI. Ratzinger Joseph: OR Nr. 2 vom 13.01.2023 (die Grabstätte des Papstes)

Konstantin, Kaiser, der Grosse (272 – 337)

https://de.wikipedia.org/wiki/Konstantin_der_Grosse

Konstantinsbild mit Zwischentönen (Constantinus I. der Grosse, Flavius Valerius)
Kirche heute 48/2013 November, S. 5, Regula Vogt-Kohler

Theologieprofessor Martin Wallraff über Konstantins Religionspolitik:
Kaiser Konstantin war nicht der Machtpolitiker, für den Religion nur Mittel zum Zweck ist, aber auch kein überzeugter Christ. Zu diesem Schluss gelangt Martin Wallraff in einer differenzierten Darstellung des spätantiken Herrschers, der vor 1700 Jahren im Mailänder Toleranzedikt Religionsfreiheit für alle verkündete.

Als römischer Soldat im Jahre 306 den jungen Feldherrn Konstantin zum Kaiser erhoben, und er danach um die Macht kämpfte, war das Christentum einer von mehreren Kulten im Römischen Reich. Etwa 10 % der Bevölkerung seien Christen gewesen, sagte Martin Wallraff. Für die Millionenstadt Rom heisst das, dass es immerhin 100’000 Christen gab. Wallraff sprach von einer „Minorität, deren Existenz niemand mehr ignorieren konnte“. 311 verkündete der todkranke Kaiser Galerius das Ende der Christenverfolgung. 312 kam es bei der Milvischen Brücke (lat. Pons Milvius) zur Entscheidungsschlacht zwischen Konstantin und Maxentius, dem Konkurrenten um die Herrschaft im Westen (28. Oktober 312).

Darstellungen aus dem 4. und 5. Jahrhundert verwoben den militärischen Sieg Konstantins mit einer Lichtvision in Kreuzform und einer Bekehrung des Kaisers vom Heiden zum Christentum zu einer Einheit, die aber der historischen Quellenkritik nicht standhält. Die Vision hatte Konstantin bereits 2 Jahre zuvor, und ein zeitgenössischer Propagandatext, der davon berichtet, erwähnt keinerlei christliche Motive. Zudem sei die Deutung als religiöser Konflikt falsch, die beiden Kontrahenten hätten eine ähnliche religiöse Politik, jene der sanften Duldung der Christen, verfolgt, führte Wallraff aus. Und vor allem: Eine Bekehrung von Konstantin sei zu keinem Zeitpunkt nachzuweisen, betonte der Professor für Kirchen- und Theologiegeschichte an der Theologischen Fakultät der Universität Basel bei seinem Vortrag im Pfarreiheim von St. Marien in Basel. Konstantin wurde erst 337 kurz vor seinem Tod getauft, die Beisetzungsfeierlichkeiten hätten aber sehr wenig Christliches gehabt.

Die Religionspolitik Konstantins sei dadurch geprägt, dass religiöse und politische Motive einander ständig überschnitten hätten. Einen wichtigen Meilenstein setzte Konstantin 313 mit der Mailänder Vereinbarung, in der er mit Licinius, seinem Kaiserkollegen im Osten, die Grundlagen einer gemeinsam verfolgten Politik festlegte, zu der auch Religionsfreiheit und die Rückgabe kirchlicher Güter gehörten.  Die Religionsfreiheit galt nicht nur für die Christen, sondern für alle. Die Freiheit sei aber nicht Selbstzweck gewesen, betonte Wallraff. Die Ausübung musste zum Wohl des Staates sein, „… damit die höchste Gottheit uns die gewohnte Huld und Gnade erweisen könne“, heisst es.

Konstantins Ziel sei es gewesen, die bestehenden Strukturen der christlichen Kirche für Staat und Religion nutzbar zu machen, hielt Wallraff fest. Zu seiner Enttäuschung musste dann aber der Kaiser feststellen, dass das Christentum gar nicht so einheitlich war. So gab der Arianische Streit (Ist der in Jesus Christus inkarnierte [fleischgewordene] Logos göttlich, gottähnlich oder anders als Gott, nämlich geschöpflich?) den Anlass für das erste allgemeine Konzil der Kirchengeschichte, zu dem Kaiser Konstantin 325 nach Nicäa (heute Iznik/Türkei) lud.

Dr. iur. Heinrich Nauer, 1300 Jahre Rom, 1967, Orell Füssli, S. 114 (…)
… In dieser allgemeinen Verwirrung rief Galerius (Kaiser Galerius Gaius Valerius Maximianus, 250 – 311) eine Konferenz in Carnuntum (bei Wien) ein, an der Diocletian, Maximian und Galerius teilnahmen. Maximian musste auf die Macht verzichten, Maxentius wurde zum Staatsfeind erklärt und Gaius Flavius Valerius Licinianus Licinius, ein Adoptivsohn Diocletians, zum Augustus ernannt. Da Maximian die ihm auferlegte Ruhe nicht ertrug und die Truppen gegen seinen Schwiegersohn Constantin aufzuwiegeln versuchte, wurde er schliesslich gefangen und hingerichtet. Dies benützte Maxentius als Vorwand zum Kampf gegen Constantin. 311 starb Galerius an einem Krebsleiden, nachdem er auf dem Totenbett ein Toleranzverdikt (Toleranzurteil) erlassen hatte (keine Verfolgungen mehr). – Indessen stand Maxentius mit einer Armee in Rom. Er hatte dort herrliche Bauten erstellen lassen, darunter die Basilica Nova, das grösste gedeckte Bauwerk des Altertums. Die Basilika diente gesellschaftlichen und geschäftlichen Zwecken und war auch Gerichtshof. Maxentius war ein lasterhafter und eigensüchtiger Tyrann.  Um ihn zu beseitigen, zog Constantin mit seinen Truppen aus Britannien, Germanien und Gallien über die Alpen nach Rom, wo sich Maxentius mit 170’000 Mann zu Fuss und 18’000 Reitern verschanzt hatte. Constantin verfügte über 90’000 Mann Infanterie und 8’000 Mann Kavallerie. Beim Pons Mulvius (Ponte Milvio) kam es zur Schlacht; trotz der zahlenmässigen Überlegenheit wurde das Herr von Maxentius geschlagen; bei der Flucht brach die Brücke, wobei Maxentius  ertrank. Vor der Schlacht soll Constantin eine Vision gehabt haben, worin er aufgefordert wurde, das Christuszeichen auf den Schilden seiner Soldaten anzubringen. Unverzüglich folgte er der Weisung und liess die Schilde seiner Soldaten mit X, dem griechischen Zeichen für CH (Christus) versehen. Auf dem Helm des Kaisers wurde ein liegendes griechisches CH (also ein liegendes X) und ein griechisches R (CHRistus) angebracht. Bei der Vision sah der Kaiser die Worte: „in hoc signo vinces“ (in diesem Zeichen wirst Du siegen).

Am 29. Oktober 312 zog Constantin als Befreier und Friedensbringer in Rom ein. Der Senat weihte ihm die Bauten des Maxentius, ernannte ihn zum Maximus Augustus der Welt und bewilligte ihm mit seinem Heer einen Triumphzug durch den von Maxentius begonnenen Triumphbogen (den heutigen Constantinsbogen neben dem Kolosseum), der allerdings erst 315 fertiggestellt wurde. Constantin verzichtete zur Bestürzung des Senates auf den Zug zum Kapitol, wo nach altem Brauch der triumphierende Feldherr den Göttern zu opfern hatte.

Zu den ersten Taten von Constantin nach dem Einzug in Rom gehörte die Errichtung von christlichen Kirchen. So überliess er den Palast, der ursprünglich der Reederfamilie Laterani und später Constantins Gattin Fausta gehört hatte, dem Bischof von Rom zur Errichtung einer Kirche. Mit der Basilika San Giovanni in Laterano erhielten die Christen in Rom ihre erste Kirche. Bis 1305 blieb der Lateran Sitz der Päpste. – Nach 16 Jahren Kampf hatte Constantin die Alleinherrschaft im Westen erlangt (totius orbis Imperator). Erst jetzt erhielt das Christentum im ganzen Reich die Gleichberechtigung mit allen anderen Bekenntnissen. Nun suchte Constantin die zerrissene Kirche zu einigen. So berief er in der kaiserlichen Residenz von Nicaca, einem Ort am Hellespont, rund 100 km von Konstantinopel, ein Konzil ein, an dem unter seinem Vorsitz 300 Bischöfe teilnahmen. Die Beschlüsse von Nicaca blieben lange Zeit für die Kirche verbindlich. – 337 starb Constantin unerwartet. Auf dem Sterbebett liess er sich taufen. Er wurde in der Apostelkirche in Konstantinopel beigesetzt.

OR (L'Osservatore Romano) Nr. 5 vom 03.02.2107, S. 5, Claudia Kock
Konstantin (334-337): Alleinherrschaft und „Konstantinische Wende“ (…)

Der „Steinbruch Konstantin“ bot mancherlei Möglichkeiten für spätere Generationen, sich zu bedienen. Dieses Urteil des Althistorikers Manfred Clauss bringt das Dilemma zum Ausdruck, vor dem man steht, wenn es darum geht, ein kurzes Portrait des ersten christlichen Kaisers zu zeichnen: Die Quellenlage ist widersprüchlich, die Sekundärliteratur umfasst ganze Bibliotheken. Konstantin ist legendenumrankt und wurde über Jahrhunderte hinweg für machtpolitische Zwecke instrumentalisiert.

Bei Kaiser Konstantin verschmelzen die beiden Themen – das römische Kaisertum und das Christentum – zu einem: Konstantin war der erste christliche Kaiser. Er war in einer Welt aufgewachsen, in der das Kaisertum mit paganen (im Heidentum) religiösen Funktionen verbunden war. Der Kaiserkult hatte die religiöse Überhöhung des Kaisertums noch gefördert. Diese Mentalität konnte Konstantin nicht einfach ablegen; sie prägte sein Selbstverständnis als Herrscher.

Konstantin hatte vor der Schlacht an der Milvischen Brücke eine Erscheinung gehabt, die er als göttliche Offenbarung verstand, der er seinen Sieg gegen Maxentius zuschrieb und in der er den Gott der Christen erkannte. Wir wissen nicht, was genau passierte, aber wir wissen, dass es für Konstantin persönlich ein einschneidendes Erlebnis war. Da Eusebius von Caesarea, der darüber berichtet, sagt, dass Konstantin selbst es ihm erzählt habe, gibt es keinen Grund, an der Echtheit des Ereignisses – zumindest als inneres Erleben Konstantin – zu zweifeln.

Den offiziellen Weg in der Gemeinschaft der Kirche über Umkehr, Reue, Busse und öffentliches Bekenntnis des Glaubens ist Konstantin nie gegangen und hat wohl auch nie an einer Eucharistiefeier teilgenommen. Zwar liess er sich taufen, jedoch erst auf dem Sterbebett. Wieweit Konstantin den christlichen Glauben verinnerlicht hat, wissen wir nicht. Einige Punkte in seiner Biographie werfen ernsthafte Fragen auf. So heisst es, Konstantin habe noch im Jahr 326 seine Frau Fausta und seinen Sohn Crispus ermorden lassen. Der heidnische Schriftsteller Zosimos schreibt Konstantins Hinwendung zum Christentum sogar erst seiner Reue über die Tat zu, was jedoch chronologisch nicht haltbar ist. Auch gibt es immer wieder Bezüge Konstantins zum Sonnengott Sol, etwa in seiner Münzprägung. Andererseits taucht auch das Christus-Monogramm auf seinen Münzen auf; ein besonders beeindruckendes Exemplar ist ein Silbermedaillon, das in Ticinum, dem heutigen Pavia, geprägt wurde und auf dem auf Konstantins Helm deutlich das Christus-Monogramm zu sehen ist.

Um 326 war Konstantins Mutter, die heilige Helena, in das Heilige Land gereist, wo sie die Stätten der Geburt und der Auferstehung Christi besuchte und der Überlieferung zufolge das Kreuz Christi fand. Hier veranlasste Konstantin den Bau der Geburts- und der Grabeskirche. In Rom liess er unter anderem über den Gräbern der Apostel den altes Petersdom und die Basilika Sankt Paul vor den Mauern errichten sowie die Laterankirche und förderte ausserdem den Kirchenbau im ganzen Römischen Reich. Auch die älteste Kathedralkirche Deutschlands, der Dom zu Trier, ist eine konstantinische Gründung. Konstantins gewaltigstes Bauvorhaben wurde jedoch im alten Byzanz umgesetzt, das er als Konstantinopel zur neuen, christlich geprägten Hauptstadt des Reiches machte.

Konstantin stand in direktem Kontakt mit verschiedenen Bischöfen und nahm Anteil an den innerkirchlichen Entwicklungen. Sein welthistorisch bedeutendster kirchenpolitischer Beitrag war die erstmalige Einberufung eins Ökumenischen Konzils: des Konzils von Nizäa im Jahre 325, an dem unter dem Vorsitz Konstantins selbst zahlreiche Bischöfe aus allen Teilen des Römischen Reiches teilnahmen.

Ebenfalls von Konstantin stammt ein Gesetz, das es untersagt, Verbrecher im Gesicht zu brandmarken, da das menschliche Gesicht „Abbild der himmlischen Schönheit“ sei. Die Gladiatoren schaffte Konstantin zwar nicht ab, verbot jedoch die Verurteilung von Verbrechern zum Gladiatorenkampf. Er sorgte auch für eine humanere Behandlung der Sklaven: In kaiserlichem Besitz befindliche Sklavenfamilien durften nicht mehr auseinandergerissen werden, die – vorher zulässige – Tötung eins Sklaven wurde von nun als  Mord geahndet, und Kleriker bekamen die Möglichkeit, Freilassungen von Sklaven vorzunehmen. In der Ehegesetzgebung hob Konstantin unter anderem die rechtliche Benachteiligung unverheirateter Menschen auf und erschwerte die Ehescheidung. Bis in unsere Zeit hinein besteht ein weiteres konstantinisches Gesetz: die Sonntagsruhe am „ersten Tag der Woche“, dem Tag nach dem jüdischen Sabbat, der nach dem parlamentarischen Kalender mit dem römischen „dies solis“ zusammenfiel. Seit 1976 ist der Sonntag der letzte Tag der Woche.

(→R, Erweiterte Themen: Römisches Jahr)

Während der Einfluss des Christentums im Römischen Reich durch Kaiser Konstantins Politik und Gesetzgebung zunahm, gab es weiter im Osten bereits den ersten christlichen Staat: Trdat III. hatte in den ersten Jahren des 4. Jahrhunderts im Kaukasusstaat Armenien das Christentum zur Staatsreligion erklärt.

Zu Beginn des Jahres 337 erkrankte Kaiser Konstantin in Nikomedia schwer. Er liess sich von Bischof Eusebius von Nikomedia taufen und starb am Pfingstfest 337. Sein Leichnam wurde nach Konstantinopel überführt und in der Apostelkirche beigesetzt, zwischen den Stelen (Grabsäulen) der 12 Apostel. Als „apostelgleich“ wird Kaiser Konstantin bis heute in der orthodoxen Ostkirche verehrt. In der katholischen Kirche ist Konstantins Todestag, der 21. Mai, zwar als Namenstag vermerkt, er wurde jedoch nie unter die Heiligen erhoben und erfährt keine liturgische Verehrung.

Als „Scharnier“ zwischen den beiden grossen Perioden  der Geschichte des alten Christentums, „den ersten drei und jenen Jahrhunderten, die auf das Konzil von Nizäa von 325, das erste ökumenische Konzil, folgen“, wie Papst Benedikt XVI. es ausdrückte, hatte die „Konstantinische Wende“ die Grundlagen für das christliche Europa geschaffen.

→Bap-Be, Benedikt XVI.: Kath. Wochenzeitung Baden 4/2023

https://geboren.am/person/konstantin-i-der-grosse

Konstantinische Schenkung

Siehe auch: →Kirchenstaat

https://de.wikipedia.org/wiki/Konstantinische_Schenkung

Prof. Dr. Hans Küng, Ist die Kirche noch zu retten? S. 72
Keine „Konstantinische Schenkung“ fand statt, wohl aber eine Verlagerung der Hauptstadt von Alt-Rom nach Neu-Rom am Bosporus durch Kaiser Konstantin. Und zugleich die Wanderung der germanischen Völker, die schliesslich im Jahre 410 zur erstmaligen Eroberung des unbesiegten „ewigen Rom“ führte. Diese beiden Entwicklungen schufen im Westen ein Machtvakuum. Die römischen Bischöfe des 4. und 5. Jahrhunderts nutzten dieses zielstrebig und machtbewusst, um ihre Amtsbefugnisse in Richtung eines universalen Herrschaftsprimats auszuweiten.

Nur in Stichworten sei erwähnt, was, wiewohl ohne biblisches und theologisches Fundament, doch per viam facti in das bis heute gültige Kirchenrecht einging:

  • Rom erklärt sich zur allgemeinen Appellationsinstanz (Bischof Julius in der Mitte des 4. Jahrhunderts mit falscher Berufung auf das Konzil von Nikaia).
  • Das Felsenwort aus Mt 16,18, (Du bist Petrus der Fels ..), rein juristisch verstanden, wird jetzt für Machtansprüche bemüht und das Wort vom  „Apostolischen Stuhl“ („Sedes apostolica“) exklusiv für Rom in Anspruch genommen, wie wenn es keine anderen apostolischen Sitze gäbe (Bischof Damasus im 4. Jahrhundert).
  • Der römische Bischof nennt sich jetzt „Papst“: „Papa“, vom griechischen  „pappas“, ist ein ehrwürdiger, liebevoller Name für Vater, der im Osten schon lange für sämtliche Bischöfe gebraucht wurde, nun aber im Westen nur noch vom Bischof von Rom. Seine eigenen „Statuta“ nennt er kurzerhand „apostolische“. Zugleich wird der römische Amts- und Kanzleistil übernommen: auf Anfragen von Bischöfen erfolgen nur knappe „Decreta“ und „Responsa“ (Bischof Siricius, Ende des 4. Jahrhunderts).
  • Jede wichtige Angelegenheit soll nach ihrer Behandlung auf einer Synode
    dem römischen Bischof zur Entscheidung vorgelegt werden (Bischof Innozenz zu Beginn des 5. Jahrhunderts)
  • Jede weitere Appellation ist ausgeschlossen; die Entscheidungen des
    römischen Bischofs sind letztverbindlich (Bischof Bonifaz im 5. Jahrhundert).

So begann der bis heute anhaltende Prozess der römischen Monopolisierung von Titeln und Rechtsansprüchen, die ursprünglich vielen Kirchen und Bischöfen gehörten (zuerst nur Ansprüche).

Gleiches Buch, S. 78
Konstantinische Schenkung: Eine schon im 5./6. Jh. frei erfundene Legende von einem Papst Silvester bildete im 8. Jahrhundert die Grundlage für diese höchst einflussreiche Fälschung. Ihr zufolge habe Kaiser Konstantin dem Papst Silvester Rom und die Westhälfte des Reiches überlassen, ihm die kaiserlichen Insignien und Gewänder (Purpur) und einen entsprechenden Hofstaat gestattet, ja, ihm den Primat über alle anderen Kirchen, besonders die von Antiochien, Alexandrien, Konstantinopel und Jerusalem verliehen. Und was war die historische Wahrheit? Tatsächlich hatte Konstantin dem Bischof von Rom nur den Lateranpalast und die von ihm gebauten Lateran- und Petersbasilika überlassen

Konzile   (I und II, Vatikanische)

Erstes Vatikanisches Konzil vom 08.12.1869 bis 20.10.1870 mit 792 Klerikern und Pius IX. Mastai Ferretti
https://deutschlandfunk.de/erstes-vatikanisches-konzil-1869-die-unfehlbarkeit-des-100.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Zweites_Vatikanisches_Konzil

50 Jahre Konzil, wie war das damals? Video, 3 Min. 20:
https://youtube.com/watch?v=cjsYlm6ioUE

Das Zweite Vatikanische Konzil. Video 16 Min.:
https://domradio.de/video/das-ii-vatikanische-konzil

Prof. Dr. Hans Küng, S. 141
Am 20.09.1870 marschierten italienische Truppen ungeniert in Rom ein. Und eine römische Volksabstimmung sprach sich in überwältigender Mehrheit gegen den Papst aus. Das wegen des deutsch-französischen Krieges abgebrochene Konzil fand keine Fortsetzung. Im Episkopat und in den Theologischen Fakultäten aber brach der Widerstand gegen das Unfehlbarkeitsdogma bald zusammen. Als letzter beugte sich auch der Tübinger Konzilienhistoriker und Bischof von Rottenburg, Carl Joseph Hefele. Der sich jetzt bildenden Alt- oder →Christkatholischen Kirche wollte er sich nicht anschliessen.

books.google.ch/books?isbn=3825880885 …,
Alfred E. Hierold, Zweites Vatikanisches Konzil, Ende oder Anfang. GoogleBücher – Ergebnisseiten. 


Artikel von Pater Wolfgang Seibel SJ, Berater (Sekretär) von Pius XII., Auszug

Pius XI. (1922-39) frug am 2. Oktober 1923 alle Bischöfe nach ihrer Meinung, ob das abgebrochene 1. Vatikanische Konzil von 1870 (wegen des deutsch-französischen Krieges) wieder aufgenommen werden sollte. Die Antworten waren in ihrer Mehrheit positiv, man äusserte aber häufig Bedenken wegen der noch ungelösten Römischen Frage (Papst ohne völkerrechtliche Sicherheit und Land). Vom Konzilsplan war jedoch schon seit 1925 nicht mehr die Rede.

Pius XII. (1939-58) beauftragte am 4. März 1948 den damaligen Assessor des Hl. Offiziums, Alfredo Ottaviani mit den Vorbereitungsarbeiten zu einem Konzil. Es sollten Themen gesammelt und Kommissionen für erste Sondierungen errichtet werden, unter strengster Geheimhaltung. Die Arbeiten waren schon ziemlich gediehen, als der Papst im Januar 1951 das Projekt aufgab. Bei seinem hohen Alter von damals, 75jährig, habe er, wie er gelegentlich bemerkte, nicht mehr die Kraft für ein solches Unternehmen. Das müsse sein Nachfolger machen (Pius XII. am 9.10.1958  mit 82 Jahren gestorben).

Prof. Dr. Hans Küng, Erkämpfte Freiheit, S. 137
Volksprediger Pater Riccardo Lombardi SJ. Er führte nach dem 2. Weltkrieg in  verschiedenen italienischen Städten höchst populäre „Radiokreuzzüge“ durch. Er verfolgte eine Reform der Kirche von unten. Mit der Unterstützung von Papst Pius XII., die dieser ihm am 10. Februar 1952 durch eine grosse Ansprache an die Gläubigen von Rom zum Ausdruck gebracht hat, soll zuerst die Stadt Rom und dann die Kirche und die Welt überhaupt auf breiter Front erneuert werden. Lombardi erkennt hinter der von Pius XII. und seinen Macht- und Prachtmanifestationen glänzend dargestellten römischen Fassade die tiefe Krise der Kirche. Was wir (im Germanikum) freilich nicht wissen und was erst nach Lombardis Tod 1979 durch den „Vaticanista“ Giancarlo  Zizola aufgrund von Lombardis Privataufzeichnungen bekannt werden wird: dass Lombardi es zunächst mit der direkten Reform der Kirche von oben versuchte – aber damit gescheitert ist. Schon 1948 nämlich, am Tag nach dem mit seiner Hilfe errungenen grossen Wahlsieg der Democratia Cristiana über die Kommunisten (05.05.1948), hatte Lombardi Pius XII. in einer Privataudienz in geradezu apokalyptischen (Weltende) Tönen beschworen, der Kirche in ihrer Krise einen umfassenden Plan von Reformen sowohl der vatikanischen Behörden wie der Bischöfe, des Klerus und der Orden und schliesslich des Laientums zu verordnen.

Tatsächlich beauftragte der Papst Lombardi mit der Ausarbeitung eines umfassenden „Projekts zur Erneuerung der Kirche“. Abgesprochen mit dem Jesuitengeneral und anderen Beratern, wurde dem Papst schon im August 1948 ein 60-seitiger Vorschlag sehr konkreter Reformschläge übermittelt, gipfelnd in einem Konzil.

Johannes XXIII. Roncalli (Papst von 1958-63). Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils: 11. Oktober 1962, 4 Konzilsperioden.

Vater-Wolf-Heft Nr. 98, Fastenzeit 2011, Red. Vizepostulator Max Syfrig, alt Pfarrer von Neuenkirch, S. 16

Aus dem Geistlichen Tagebuch von Papst Johannes XXIII. (1958-63), S. 349 f.:

„Ohne zuvor daran gedacht zu haben, habe ich in einem ersten Gespräch mit meinem Staatssekretär am 20. Januar 1959 die Worte: ökumenisches Konzil, Diözesansynode und Neufassung des kirchlichen Gesetzbuches ausgesprochen, ohne je zuvor daran gedacht zu haben – und entgegen allen meinen Ahnungen und Vorstellungen über diesen Punkt.

Der erste, der von diesem meinem Vorschlag überrascht wurde, war ich selbst, denn niemals hatte mir jemand einen Hinweis dazu gegeben. Und ich muss sagen, dass mir dann alles in der unmittelbaren und kontinuierlichen Entwicklung ganz selbstverständlich erschien.

Nach drei Jahren gewiss mühevoller, aber auch glücklicher und ruhiger Vorbereitung sind wir nun am Fuss des heiligen Berges angelangt. Der Herr möge uns helfen, um alles zu einem guten Ende zu führen.“
→P-Park, Erweiterte Themen, Päpste, ihre Pontifikate, K-Z, (Paul VI.)

Pfarrblatt Kirche heute Nordwestschweiz 5/2012
Ausstellung Zweites Vatikanisches Konzil

In Rom wird diese Woche (Ende Jan. 2012) eine Ausstellung über das 2. Vatikanische Konzil (1962-65) eröffnet. In der Ausstellung sind nach Angaben der vatikanischen Tageszeitung unter anderem, handschriftliche Dokumente von Johannes XXIII. zur Vorbereitung der Konzilsankündigung zu sehen. Tag der Konzilsankündigung war der 25. Januar 1959 (Ankündigung des Konzilsbeginns: 2. Februar 1962). Die Ausstellung dauert bis zum 24. November 2013. An diesem Tag endet das Themenjahr „Jahr des Glaubens“, welches dieses Jahr im Oktober beginnt. Ausstellungsort: S. Paolo fuori le mura (Pinakothek), wo das Konzil angekündigt wurde (im Kapitelsaal).

Pfarrblatt Kirche heute Nordwestschweiz 12/2012 (März)
Was heute ist, wäre nicht ohne das Konzil

Helmut Krätzl, emeritierter Weihbischof von Wien, Augenzeuge des Vaticanums, sprach in Luzern über „Ein Konzil, das Zukunft hat“.

Vor 50 Jahren wirkte er während der ersten Session des Zweiten Vatikanischen Konzils als Stenograf, später wurde er Weihbischof in Wien. Am 1. März 2012 sprach der mittlerweile 82-jährige Helmut Krätzl in Luzern kritisch und doch hoffnungsvoll vom Konzil und seiner spannungsvollen Wirkungsgeschichte.

Träume genügen nicht. Man muss, wie der heilige Josef, aufwachen und etwas tun, erklärte Weihbischof Krätzl auf die Frage, ob er noch Kirchenträume hege. Ja, er hoffe, dass noch vieles, was das Konzil angerissen habe, weitergehe.

Dass allerdings der Papst und die Glaubenskongregation in der Interpretation der Konzilsbeschlüsse ganz auf Kontinuität setzen, also alles aus der Tradition erklären, findet Krätzl „entsetzlich“. Denn beispielsweise das Verhältnis zu andern Religionen habe sich mit dem Konzil radikal geändert. Gäbe es jetzt ein neues Konzil, würde es, so meint Krätzl, die Korrektur des Zweiten Vaticanums bringen.

Geradezu töricht aber sei es, dem Konzil die Schuld für die gegenwärtigen Probleme der Kirche zuzuschieben. Die Gesellschaft sei nach der 68er Revolution eine andere. Allerdings herrschte auch zur Zeit des Konzils in der Welt eine andere Stimmung, „damals in der Kennedy-Zeit.“ Im letzten Jahrhundert, nach 9/11, herrsche Pessimismus vor. Die Kirche habe zu wenig Mut. Ihre Rolle als dominante Sinngeberin habe sie verloren, in der neuen Situation der Konkurrenz finde sie sich noch nicht zurecht. Statt sich ihrem Dienst an der Welt zu widmen ziehe sie sich in sakrale Räume zurück. (…)

Die Kurie wollte das Konzil nicht. Sie versuchte zu bremsen, wo sie nur konnte. (…)

Pfarrblatt Kirche heute Nordwestschweiz 40-42/2012 September, S. 2
Was ist ein Konzil?

Seit Ende des 2. Jahrhunderts kamen die Bischöfe einer Region jeweils zu „Konzilien“ zusammen, wenn sie Fragen des Glaubens oder der Kirchenordnung gemeinsam regeln mussten. Die Form der Versammlungen war immer stark von der jeweiligen Versammlungskultur geprägt. Als erstes ökumenisches, also die ganze damals bekannte Welt betreffendes Konzil gilt jenes von Nicäa im Jahr 325. Wirklich aus der ganzen Welt kamen die Konzilsväter – alle Bischöfe der katholischen Kirche – aber erstmals 1962 zum Zweiten Vatikanischen Konzil, das sich in Verfahrensfragen stark an parlamentarische Regeln anlehnte. Die Frage, ob ein Konzil über dem Papst oder der Papst über dem Konzil steht, blieb viele Jahrhunderte umstritten. Das gegenwärtige Kirchenrecht sagt, dass das Bischofskollegium zusammen mit dem Papst Träger der höchsten Gewalt in der Kirche ist. Aber nur der Papst kann ein Konzil einberufen und seine Beschlüsse genehmigen.

OR Nr. 41 vom 12. Oktober 2012, S. 1
Dokumentarfilm über das Konzil

Vatikanstadt. Der Vatikan hat einen Dokumentarfilm zum 50. Jahrestag der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) produziert. Die 12-stündige Dokumentation zeige bislang unveröffentlichte Aufnahmen, teilte der Präsident des Päpstlichen Rates für die sozialen Kommunikationsmittel,  Erzbischof Claudio Maria Celli, bei der Vorstellung der Produktion im Vatikan mit. Für die Dokumentation seien insgesamt 200 Stunden Filmmaterial aus den Beständen der vatikanischen Filmothek gesichert worden, sagte der Erzbischof laut Radio Vatikan. Es handele sich um eine Gemeinschaftsproduktion des Vatikanischen Medienrates und einer italienischen Produktionsgesellschaft.

Das Zweite Vatikanische Konzil wurde am 11. Oktober 1962 von Papst Johannes XXIII. eröffnet. Es zählt zu den bedeutendsten Ereignissen der katholischen Kirchengeschichte im 20. Jahrhundert. Der Film enthält den Angaben zufolge zudem 14 Interviews mit Kardinälen, Patriarchen und Bischöfen über Wahrnehmung und Folgen des Konzils. Unter den Befragten sei auch der frühere Privatsekretär von Johannes XXIII., der fast 97 Jahre alte Erzbischof Loris Francesco Capovilla. Auf diese Weise habe man der Versuchung entgehen wollen, ein rein glorifizierendes Bild zu vermitteln. Eine Kurzfassung des Films war am 11. Oktober 2012 im italienischen Fernsehen RAI zu sehen.

→Bischofssynode

OR Nr. 2 vom 11.01.21013, S. 3
Einberufungsbulle des Konzils erscheint als Faksimile

Vatikanstadt. Zum Konzilsjubiläum gibt das Vatikanische Geheimarchiv ein Faksimile der Einberufungsbulle des Zweiten Vatikanums von Papst Johannes XXIII. heraus. Die wertvolle Reproduktion des Schreibens mit dem lateinischen Titel „Humanae salutis“ erscheint zusammen mit einem historischen Kommentar in einer Auflage von 10’000 Exemplaren. Der von Bischof Sergio Pagano, dem Präfekten des Vatikanischen Geheimarchivs, verfasste Kommentar ist in 5 Sprachen erhältlich, darunter auch auf deutsch.

Pfarrblatt Kirche heute Nordwestschweiz 13/2014 März, S. 2
Zufrieden über Panorthodoxes Konzil 2016

Der vatikanische Ökumenenminister Kardinal Kurt Koch hat die Entscheidung für ein Panorthodoxes Konzil begrüsst. Nach langen Vorbereitungen hatten die in Istanbul versammelten Oberhäupter der orthodoxen Teilkirchen letzte Woche den Beschluss für das Konzil 2016 bekanntgegeben. „Wenn die orthodoxen Kirchen untereinander zu mehr Einheit finden, wird dies für den ökumenischen Dialog mit unserer katholischen Kirche nur dienlich und förderlich sein“, sagte Koch gegenüber der Presseagentur Kipa

Pfarrblatt Kirche heute Nordwestschweiz 41-43/2014 Oktober, S. 4
Detailreiche Erinnerung an die Ereignisse des Konzils Vaticanum II (1962-65)

Der Konzilsblog folgt der Spur, die das Vaticanum II einschlug. Mit täglichen Erinnerungen beleuchtet ein Theologenteam aus der Schweiz die Diskussionen am Konzil vor 50 Jahren und zeigt so seine Dynamik auf. Wer den Beiträgen auf 
https://www.konzilsblog.ch 
folgt, kann die Resultate des Vaticanums II besser verstehen.

Pfarrblatt Kirche heute Nordwestschweiz 2-3/2020 Januar, S. 3, Alexander Brüggmann, Johannes Schidelko
Ein Konzil mit gravierenden Folgen in der Schweiz
Vor 150 Jahren erhob das Erste Vatikanische Konzil die Unfehlbarkeit zum Dogma

Vatikanum1

 

Es war bis anhin die grösste Kirchenversammlung aller Zeiten. 774 Kardinäle und Bischöfe der Weltkirche nahmen am Ersten Vatikanischen Konzil teil, das am 8. Dezember 1869 vor 150 Jahren, eröffnet wurde. Schon nach 8 Monaten wurde das Konzil wegen politischer Wirren auf unbestimmte Zeit vertagt – und nie wieder zusammengerufen.

Über 300 Jahre, seit Trient (1545-1563) hatte kein Allgemeines Konzil mehr getagt. Nun wollte ein neues Konzil in Rom die katholische Welt zu einer machtvollen „Manifestation der Wahrheit“ versammeln und angesichts der „Irrtümer der Zeit“ die kirchliche Lehre neu bekräftigen. Bereits 1864 hatte Pius IX. im sogenannten Syllabus errorum diese „Irrtümer“ verurteilt.

Das Konzil tagte im rechten Querhaus des Petersdomes. Die Akustik war miserabel. Praktisch nur die jüngeren Konzilsväter konnten den meist in schleppendem Kirchenlatein vorgetragenen Interventionen problemlos folgen.

In der Sitzung vom April 1870 wurde die dogmatische Konstitution „Dei filius“ über die Lehre von Schöpfung und Glaubensakt sowie über das Verhältnis von menschlicher Vernunft und göttlicher Offenbarung verabschiedet. Auch verurteilte das Konzil Atheismus (keine Existenz eines Gottes), Materialismus, Pantheismus (Gott und Welt sind eins), Rationalismus und Traditionalismus.

Der Papst als höchste Rechtsgewalt. Doch nun erwarteten die Konzilsväter mit Spannung die Debatte über den Papstprimat – also über den Papst als höchste Rechtsgewalt (Justizdiktionsprimat) und als höchste Lehrvollmacht, wenn er Entscheidungen zu Lehr- und Moralfragen „ex cathedra“ als unfehlbar verkündet. Eine beachtliche Minderheit, darunter 15 der 20 deutschen Bischöfe, äusserten Bedenken. eine solche Definition würde dem Missbrauch des kirchlichen Lehramtes Tür und Tor öffnen, so der Tenor.

In der Konzilsaula zeichnete sich eine Spaltung der Bischöfe ab. Eine dem Ausbau des päpstlichen Primats favorisierende Mehrheit stand eine Minderheit gegenüber, die eine Öffnung zur Welt befürwortete. Unter den Schweizer Bischöfen gehörten Joseph Franz Xaver de Preux von Sitten und Gaspard Mermillod, apostolischer Vikar von Genf, zur Mehrheit, ebenso der gemässigte Eugène Lachat von Basel. Carl Johann Greith von St. Gallen hielt sich gemäss Conzemius als angesehener Sprecher der oppositionellen Minderheit zurück.

Unwetter, Krieg und Abreise. In der Vorbereitungssitzung stimmten von 601 anwesenden Konzilsvätern 451 mit Ja, 88 mit Nein: 62 verlangten Änderungen. Nachdem ein letzter Vermittlungsversuch der Kritiker bei Pius IX. gescheitert war, reisten 57 von ihnen vorzeitig ab – um nicht in Anwesenheit des Papstes gegen die Dogmatisierung stimmen zu müssen. So erhielt die Konstitution „Pastor aeternus“ bei der Verabschiedung am 18. Juli 1970 lediglich 2 Gegenstimmen. Ehrenhaft und treu – oder feige?

Während der Sitzung ging ein schreckliches Unwetter mit Blitz und Donner über Rom nieder. Ein Zeichen vom Himmel? In der Basilika war es mitten im Juli so dunkel, dass der Text der Konstitution nur mit Hilfe von Kerzenleuchtern verlesen werden konnte. Kardinäle und Bischöfe waren durchnässt, der Boden in der Aula lehmverschmiert.

Und das Drama ging weiter. Tags darauf, am 19. Juli 1870, begann der Deutsch-Französische Krieg. Die meisten Bischöfe reisten ab, das Konzil wurde unterbrochen. Der französische Kaiser Napoleon III. zog seine zum Schutz des Papstes in Rom gelassene Truppen ab. Am 20. September wurde Rom von den piemontesischen Truppen eingenommen; der Kirchenstaat hörte auf zu bestehen und wurde ins Königreich Italien integriert. Schliesslich vertagte Pius IX. das Konzil „sine die“ – also auf unbestimmte Zeit.

Einer nach dem anderen akzeptierten auch die kritischen Bischöfe die Entscheidung des Konzils. So ging das Papsttum trotz des gleichzeitigen Verlusts einer weltlichen Macht gestärkt aus dem Konzil hervor. Rom wurde mehr und mehr zum Ankerpunkt der Weltkirche.

Abspaltung der →Christkatholiken. Der Entscheidung zugunsten der päpstlichen Unfehlbarkeit folgte aber auch ein Exodus vieler Intellektueller. Aus dieser Protesthaltung entstand im deutschsprachigen Raum die von Rom abgelöste Altkatholische Kirche. In der Schweiz konstituierte sich 1875 in Olten die Synode der Christkatholiken und setzte eine neue Kirchenverfassung in Kraft. 1876 wählte die Synode den Pfarrer Eduard Herzog zum Bischof, der in Rheinfelden durch den deutschen altkatholischen Bischof konsekriert wurde. Im gleichen Jahr erhielt das christkatholische Nationalbistum die Genehmigung durch den Bundesrat.

Übrigens hat nur ein Papst seither von einer Ex-cathedra-Entscheidung Gebrauch gemacht. Pius XII., als er 1950 das Dogma von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel verkündete. Kritische Katholiken fragen gleichwohl: War es das Zerwürfnis mit der Aufklärung wert?

OR Nr. 41 vom 14.10.2022, S. 3
Lebendige Umsetzung der Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils fördern

Vatikanstadt. 60 Jahre nach Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) hat das Synodensekretariat im Vatikan die von Papst Franziskus einberufene Weltsynode (2021-2023) als Fortsetzung des Konzils eingeordnet. In einer am Montag, 10.10.2022, veröffentlichten Erklärung des Generalsekretariates der Synode heisst es, Ziel der Weltsynode sei  es, den "Stil des Zweiten Vatikanums" fortzusetzen und im Volk Gottes die lebendige Umsetzung seiner Lehren zu fördern.

In den Jahrzehnten nach dem Konzmil habe die Synode dazu beigetragen, das Gesicht der Kirche zu erneuern und dies "in einer immer tieferen Treue zur Heiligen Schrift und zur lebendigen Tradition und mit einem aufmerksamen Hören auf die Zeichen der Zeit". Auch der derzeitige "synodale Prozess" folge der Spur des Konzils. Seine Magna Charta ("Grosser Freibrief") sei die Lehre des Konzils vom Volk Gottes, die auf der "Würde und Freiheit der Kinder Gottes" basiere.

Die Bischofssynode hatte Paul VI. 1965 ins Leben gerufen. Sie tagte seither in zahlreichen ordentlichen, ausserordentlichen und speziellen Versammlungen zu unterschiedlichen Themen. Thema der bislang umfangreichsten und längsten Synode ist die "Synodalität", also die Frage, was Teilhabe und Mitwirkung in der Kirche bedeutet und wie diese Prinzipien besser umgesetzt werden können. Abschluss und Höhepunkt wird  eine Versammlung der Bischöfe der Weltkirche im Oktober 2023 sein.

Pfarrblatt Kirche heute Nordwestschweiz 33-34/2023 August, S. 2
Papst: Zeit nicht reif für neues Konzil

Laut Papst Franziskus ist die Zeit noch nicht reif für das nächste grosse Reformkonzil in der katholischen Kirche. Das Zweite Vatikanische Konzil sei immer noch nicht "auf den Weg gebracht" worden, so das katholische Oberhaupt in einem Interview in der spanischen Katholischen Zeitschrift "Vida Nueva" vom 04.08.2023. Schon bei früheren Gelegenheiten hatte der Papst betont, dass die vollständige Umsetzung des vom Papst Johannes XXIII. (1958-1963) einberufenen Zweiten Vatikanischen Konzils weiterhin ausstehe. (kath.ch/Vatican News)
 

→Christkatholische Kirche          
→Unfehlbarkeit des Papstes
→Bischofssynode 2014 (Protokolle des  II. Vatikanischen Konzils 1962-65)

Konzil, orthodoxes

https://de.wikipedia.org/wiki/Vorbereitungsprozess_für_das_erste_neuzeitliche_allorthodoxe_Heilige_und_Grosse-Konzil

Pfarrblatt Kirche heute Nordwestschweiz 35/2015 August, S. 2

Das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel hat alle zum Patriarchat gehörenden Bischöfe zu einer Versammlung nach Istanbul einberufen, um die Vorbereitungen des seit 1961 geplanten, jedoch immer wieder verschobenen Panorthodoxen Konzils voranzutreiben. Das Treffen hätte historischen Charakter. Er wäre das erste Treffen von orthodoxen Bischöfen aus aller Welt seit dem II. Konzil von Nicäa im Jahre 787. Wegen der zahlreichen ungelösten Streitpunkte gibt es allerdings Zweifel, ob der Zeitplan für das Konzil eingehalten werden kann.

OR Nr. 23 vom 10. Juni 2016, S. 3
Katholiken beten für Panorthodoxes Konzil

Der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen lädt zum Gebet für das Panorthodoxe Konzil auf Kreta ein. Am Samstag, 11. Juni 2016, soll in der Päpstlichen Basilika Sankt Paul vor den Mauern für ein Gelingen des ersten Konzils der orthodoxen Kirche seit mehr als 12 Jahrhunderten gebetet werden. Der Päpstliche Rat unter der Leitung von Kurienkardinal Kurt Koch erklärte, dies sei Ausdruck der „spirituellen Nähe der katholischen Kirche zur orthodoxen Kirche“. Auch für die Ökumene sei ein erfolgreiches Konzil wichtig.

Unter dem Leitwort „Er rief alle zur Einheit“ sollen vom 19. bis 26. Juli rund 350 Bischöfe der griechisch-orthodoxen Kirchenfamilie aus aller Welt auf Kreta zu ihrer „Grossen und Heiligen Synode“ zusammenkommen. Es handelt sich um die erste derartige Zusammenkunft der heute 14 selbstständigen („autokephalen“) Kirchen in der Neuzeit. Panorthodoxe Synoden früherer Jahrhunderte waren deutlich kleiner und regional begrenzt.

OR Nr. 26 vom 01.07.2016, S. 1
Orthodoxe Kirche beendet Konzil auf Kreta

Mit einem feierlichen Gottesdienst in der Sankt-Peter-und-Paul-Kathedrale in Chania ist am Sonntag, 26. Juni 2016, das Konzil der Orthodoxie in Kreta zu Ende gegangen. In einer „Botschaft“ fassten die Vertreter von 10 eigenständigen orthodoxen Kirchen ihre Anliegen zusammen. Dazu gehören die Einheit der Orthodoxie, die Sorge um verfolgte Christen und die Religionsfreiheit, aber auch die Öffnung der Orthodoxie für Fragen der modernen Welt, etwa das Verhältnis zur Wissenschaft oder die Bemühung um Umweltschutz. 4 orthodoxe Kirchen waren nicht zum Konzil gekommen, darunter die russisch-orthodoxe, zu der mehr als die Hälfte aller orthodoxen Christen gehören.

Konzil von Basel, 1431-1448

https://de.wikipedia.org/wiki/Konzil_von_Basel

Pfarrblatt Kirche heute Nordwestschweiz 46/2017 November, S. 3, Christian von Arx
Auch Basel erlebte eine Papstwahl

Die Wahl von →Martin V. vor genau 600 Jahren (11.11.1417) in Konstanz war Eugen IV., der das Basler Konzil 1437 gegen den Willen der Mehrheit der Teilnehmer nach Ferrara verlegt hatte, erklärte das Restkonzil den Papst im Juni 1439 für abgesetzt. Am 5. November 1439 wählte ein Konklave im Haus der Mücke am Schlüsselberg, nahe dem Basler Münsterplatz, den Herzog Amadeus VIII. von Savoyen (1383-1451) zum Papst. Als Felix V. wurde der Savoyer am 24. Juli 1440 in Basel zum Papst gekrönt. Er residierte in Genf, Lausanne und Basel, wurde aber nur in wenigen Ländern anerkannt und trat 1449 zurück. Felix V. war der letzte Gegenpapst der Kirchengeschichte, das Konklave in Basel gilt nicht als rechtmässige Papstwahl. Die Wahl von Papst Martin V. in Konstanz blieb damit die einzige gültige Papstwahl nördlich der Alpen.

Konzil von Konstanz, 1414-1418

https://de.wikipedia.org/wiki/Konzil_von_Konstanz

Vorgeschichte: Siehe unter
→P–Park; Erweiterte Themen „Päpste, ihre Pontifikate H – J; Johannes XXIII. Cossa
    und Martin V. Colonna“.

Pfarrblatt Kirche heute Nordwestschweiz 46/2107 November, S. 3, Christian von Arx
„Habemus Papam“ erklang am Bodensee
Die Hinweise zu den Päpsten sind unter den erweiterten Themen „Päpste“ unter den Buchstaben P - Paark zu finden.

Vor genau 600 Jahren erlebte Konstanz die einzige gültige Papstwahl nördlich der Alpen. Am 11. November 1417 wurde im Konstanzer Kaufhaus Papst →Martin V. gewählt. Es ist bis heute die einzige als rechtmässig anerkannte Papstwahl, die nördlich der Alpen stattfand. Auch sonst ist an Martin V. manches einzigartig.

Nicht weniger als 3 Päpste gleichzeitig hatten die Christenheit im Jahre 1414: →Gregor XII.  und →Johannes XXIII. in Italien, →Benedikt XIII. in Avignon. Als „verfluchte Dreiheit“ wurde der Konflikt damals bezeichnet. Der römisch-deutsche König Sigismund setzte sich für die Einberufung des Konzils von Konstanz ein, das die Einheit der Kirche wiederherstellen sollte. Das Konzil dauerte 3 1/2 Jahre – von November 1414 bis April 1418 – und wurde zum grössten Kongress des Mittelalters.

Während des Konzils wurden die 3 Päpste einer nach dem anderen verdrängt: Johannes XXIII. wurde 1415 vom Konzil abgesetzt, Gregor XII. dankte wenige Wochen später ab, und die Absetzung von Benedikt XIII. erfolgte im Juli 1417. Nun war der Weg frei für die Wahl eines neuen Papstes, der möglichst von allen Teilen der Kirche anerkannt werden sollte. Zu diesem Zweck erliess das Konstanzer Konzil eine spezielle Wahlordnung, die einmalig bleiben sollte. Wahlberechtigt für das Konklave waren die 23 im Konstanz anwesenden →Kardinäle, dazu je 6 Delegierte als Vertreter der 5 „Nationen“ – der deutschen, englischen, französischen, italienischen und spanischen.

Volksauflauf zum Festumzug. Am 8. November 1417 betraten die 53 Wahlmänner, begleitet von Sekretären und Dienern, das Kaufhaus am Hafen, damals das grösste weltliche Gebäude der Stadt Konstanz. Die Wahlmänner blieben für die Dauer des Konklaves eingeschlossen – im Dachboden des Lagerhauses waren Schlafzellen eingerichtet worden. Während des Konklaves waren Musik und Kartenspielen in der Stadt verboten. 3 Tage dauerte es, dann erscholl aus dem Fenster des heutigen Konzilgebäudes in Konstanz der Ruf „Habemus Papam“: Der italienische Kardinal Oddo Colonna hatte im zweiten Wahlgang die nötige Zweidrittelsmehrheit erreicht.

Es war der 11. November 1417, Martinstag, und so wählte der Papst den Namen →Martin V. Die Türen des Kaufhauses wurden wieder geöffnet, und König Sigismund huldigte als erster dem neuen Papst. Die erste Papstwahl nördlich der Alpen wurde zum Volksfest: Laut der nach 1420 entstandenen Konzilschronik des Ulrich von Richental sollen 80’000 Menschen dem Umzug vom Hafen zum Münster gefolgt sein, wo der neugewählte Papst seinen ersten Segen spendete. (…)

Pfarrblatt Kirche heute Nordwestschweiz 47/2017 November, S. 2
600 Jahre Papstwahl in Konstanz

Vertreter von Staat und Kirche haben an die einzige Papstwahl auf deutschem Boden 1417 am Konstanzer Konzil erinnert. Die Entscheidungen und Absetzung von Papst →Johannes XXIII. seien ein Akt der Notwehr zur Wiedererlangung der Einheit der Kirche gewesen, sagte Kurienkardinal  Kurt Koch. Es sei falsch, im Zusammenhang mit dem Konstanzer Konzil von einem grundsätzlichen Vorrecht des Konzils über den Papst zu sprechen. Damit wendet sich Koch gegen Theologen wie Hans Küng, die Konstanz als bleibenden Auftrag verstehen, heute neu über die Machtverhältnisse innerhalb der Kirche zu diskutieren. Ein kleines Zugeständnis ist, dass sich Koch für mehr Dialog und „synodale Elemente“ in der katholischen Kirche ausspricht. Dafür stehe auch der Papst Franziskus, der sich gegen übertriebene Zentralisierungen in der Kirche wende. Und dies könne auch Grundlage für eine weitere ökumenische Annäherung mit den protestantischen und orthodoxen Kirchen sein.

OR Nr. 46 vom 17.11.2017, S. 3
Gedenken zum 600. Jahrestag der Papstwahl in Konstanz

Vertreter von Kirche und Staat haben an die einzige Papstwahl der Geschichte auf deutschem Boden erinnert. Mit der einstimmigen Entscheidung für Oddo di Colonna – Papst Martin V. (→Buchstaben O-Z, dann P-Park, Nebenregister Päpste K-Z)) – endete vor genau 600 Jahren, am 11.11.1417, eine über Jahrzehnte dauernde religiöse und politische Spaltung Europas. Dies wurde am vergangenen Wochenende an den Originalschauplätzen mit einem Festakt, Gottesdiensten und einem Bürgerfest gefeiert.

Als Sondergesandter von Papst Franziskus betonte Kardinal Kurt Koch im Rahmen eines Festaktes im Konstanzer Konzilgebäude, die Wahl von Papst Martin V: sei 1417 ein historische Leistung in politisch sehr unruhigen Zeiten gewesen. Zugleich wandte er sich in einem Festvortrag gegen theologische Vorstellungen, wonach Konzilsversammlungen grundsätzlich über dem Papst stünden. „Die Konzilsväter haben damals keineswegs die Oberheit des Konzils über den Papst als Dogma (Lehrmeinung) definiert“, stellte der Schweizer Kurienkardinal klar. Vielmehr seien die damaligen Entscheidungen und die Absetzung von Papst Johannes XXIII. (→Buchstaben O-Z, dann P-Park, Nebenregister Päpste H-J) ein „Akt der Notwehr“ gewesen, um die Einheit der Kirche wiederzuerlangen.

Des Weitern sprach sich Koch für mehr „synodale Elemente“ in der katholischen Kirche aus. Dafür stehe auch Papst Franziskus, der sich zudem gegen übertriebene Zentralisierungen in der Kirche wende. „Konzil und Primat des Papstes sind keine Gegensätze, sie müssen vielmehr in eine ausgewogene Bilanz gebracht werden“, so der Präsident der Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen. Der Primat des Papstes sei dabei als ein „Primat der Liebe und des Glaubens“ zu verstehen.

Im Anschluss an den Festakt wurde bei einem ökumenischen Gottesdienst im Konstanzer Münster an die Wahl Martins V. erinnert. Kardinal Koch feierte den Gottesdienst gemeinsam mit dem Freiburger Erzbischof Stephan Burger, dem Apostolischen Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic sowie dem  evangelischen Landesbischof Jochen Cornelius Bundschuh.

Nach dem Festgottesdienst wurde ein umfangreiches Rahmenprogramm an den Orten der Papstwahl von 1417 geboten. Ausstellungen im Konstanzer Hushaus, Rosgartenmuseum und in der Dreifaltigkeitskirche befassen sich mit den historischen Ereignissen. Den Schlusspunkt der umfangreichen Jubiläumsfeierlichkeiten bildeten am Sonntag, 12. November, ein Pontifikalamt im Konstanzer Münster sowie die Filmvorführung „Allein mit fehlt der Glaube“.